Tagebuch einer Kambodscha-Reise in der Corona-Krise – Teil 5

Stephan Roemer, Geschäftsführer Tourasia und CEO Diethelm Travel Group, berichtet online von seinen Erfahrungen bei den Vorbereitungen, auf der Reise, vor Ort und bei der Rückkehr aus Phnom Penh.
Willkommen im Song Saa Private Island Resort.

Das Tagebuch soll Einblicke in eine Langstreckenreise während der Corona-Krise vermitteln – von den Vorbereitungen bis zur Rückkehr. Stephan Roemer startete am Montag, 7. September in Zürich und will am Mittwoch, 16. September, wieder in der Schweiz landen.

Teil 5 – Wechselbad der Gefühle
Freitag, 11. September 2020

«Mein Tag war gefüllt mit Meetings und dem Zusammentreffen unserer Mitarbeitenden bei Diethelm Travel Cambodia. Nach den ersten Meetings im Hotel verzichtete ich auf das Mittagessen, um den Weg zum Büro wenigstens teilweise zu Fuss zu gehen und so den Duft und das Leben der Stadt aufnehmen zu können. Einzig die warmen Temperaturen von 32°C waren für mein Vorhaben etwas hinderlich, weil ich ja nicht verschwitzt im Büro eintreffen wollte. Der Ausflug durch die Stadt hat sich aber jedenfalls gelohnt: überall freundliche, lachende Menschen, das Leben spielt sich ganz normal ab, ohne dass man die Corona-Situation bemerkt.

Damit ich mich nicht verspäte, bin ich für die letzte Strecke in ein Tuk Tuk gehüpft, das mich durch das Gewühl der engen Gassen vor den Geschäftssitz von Diethelm Travel lenkte. Mit dem Fahrer verstand ich mich sofort bestens, denn er erkannte schnell, dass es mir grossen Spass machte durch die kleinen Gassen zu kurven, wo sich das tägliche Leben abspielt. So hatte er auch Verständnis für einen Kaffeestopp bei einem typischen Kaffeestand an der Strassenkreuzung. Das ist eben Asien, wie es immer war; das Asien, das mir so nahe liegt.

Beim Betreten unseres Bürogebäudes bemerkte ich zum ersten Mal, dass die hygienischen Schutzmassnahmen gegen die Covid-Verbreitung von der Bevölkerung ernst genommen werden: ich darf das Gebäude erst nach einer Handdesinfektion und Fiebermessen betreten. Nach Erledigung der Aufgaben im Büro hat mich das ganze Team mit einem spontanen Umtrunk überrascht: TGIF – Thank God it’s Friday. Heute sind alle ins Büro gekommen, da wir uns im persönlichen Gespräch über die Situation austauschen wollen. Normalerweise arbeiten sie derzeit in abwechselnden Schichten jeweils während zwei Tagen. Das reicht vollkommen aus, um den Service für die Kundschaft sicherzustellen. Unser Hauptthema war die Sorge der Mitarbeitenden, wie sie ohne irgendwelche soziale Abfederung durch den Staat mit dem reduzierten Salär über die Runden kommen. Das ist einzig möglich dank den Familienstrukturen in Asien. Die meisten wohnen mit ihren Familien und nehmen dabei lange Anfahrtswege, einige über zwei Stunden, zur Arbeit in Kauf. Nur so kommen sie finanziell über die Runden.

Abstriche werden überall gemacht und so wurde meine Einladung zum Essen auch gerne angenommen. Auf Druck der Mitarbeitenden sollte aber unser Ausflug unbedingt an die trendige Bassac Lane gehen. Wir verliessen das Gebäude über den Hinterausgang und mir wurde sofort klar, dass die in Reih und Glied parkierten Mopeds unser Verkehrsmittel durch den Abendverkehr sind. Da gab es für mich, nur schon aus Höflichkeit, kein Entrinnen. Ich, der sonst niemals in Asien auf ein Motorrad steigt. Diesmal war es sicher nicht die Tropentemperatur, die mich schweissgebadet an der Bassac Lane absteigen liess. Bevor es aber irgendwo zu Tisch geht: Fiebermessen und Händedesinfektion an der Strasse.

Wir konnten die Wahl des Restaurants gar nicht gross bestimmen, denn die ergab sich aus der Platzverfügbarkeit. Überall war Hochbetrieb und das während der Nebensaison und bei Ausbleiben der Touristen! Der Restaurantbesitzer, ein Engländer der tagsüber drei lokale Fernsehsender verantwortet, meinte zu mir, dass er in all den Jahren noch nie solch gute Geschäfte hatte. Trotz Corona wird gefeiert. Die Rechtfertigung dazu kriege ich immer wieder gehört: Seit Juni nur gerade Ansteckungen im einstelligen Bereich. Kambodscha deklariert sich seit einigen Wochen sogar Covid-frei. Wenn das kein Grund ist, sich zu amüsieren. Ich bin hin und her gerissen: Auf der einen Seite erlebe ich pure Lebensfreude auf der Strasse und im Alltag, auf der anderen Seite aber auch Sorge um die Zukunft, den Arbeitsplatz und die finanzielle Absicherung. Ein Wechselbad der Gefühle.»

Samstag, 12. September 2020

«Heute waren weitere Meetings angesagt sowie ein abschliessendes Dinner in Phnom Penh, bevor es morgen in den Süden des Landes geht. Ich bin gespannt, was mich noch alles erwartet.»

Sonntag, 13. September 2020

«Frühmorgens habe ich im Raffles ausgecheckt. Mein Driver wartet schon. Eine gut sechsstündige Fahrt nach Sihanoukville im Süden Kambodschas am Golf von Thailand liegt vor uns. Die Flüge sind derzeit alle annulliert. Es regnet in Strömen und der Verkehr ist auch nicht ohne. Einige Feiertage stehen bevor und so zieht es viele bereits jetzt in die Provinzen und ans Meer. Am Hafen von Sihanoukville steige ich in das Schnellboot des Song Saa Private Island Resort um. Die Überfahrt dauert gerade mal 35 Minuten. Ich werde herzlich begrüsst und zu meiner Villa begleitet, die für die nächsten 19 Stunden mein Zuhause sein wird. 12 der insgesamt 24 Villen sind belegt, mehrheitlich durch zahlungskräftige Kambodschaner. Ich geniesse die Ruhe und Abgeschiedenheit, das luxuriöse Ambiente und den traumhaften Blick auf das Meer. Nach dem Dinner mit General Manager Donald Wong, einem Neuseeländer chinesischer Abstammung, freue ich mich in diesem Paradies auf einen tiefen, erholsamen Schlaf.»

(Aufzeichnung: Urs Hirt)

Fortsetzung Teil 6

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