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Das Boutique-Weingut Château Golan im Südosten des See Genezareths steht beispielhaft für die gewaltigen Veränderungen im israelischen Weinbau. Mitinhaber Itzhak Ribak (63) erinnert sich: «1967 bewirtschafteten hier die Bauern im Golan ein kaum beachtetes Gebiet. 1973 sammelte ich erste Erfahrungen im Weinbau. » Bis 1995 gab es in Israel weniger als zehn Boutique-Weingüter. Vor knapp zwanzig Jahren waren es schon 100. Heute steht Château Golan, mit seinem Rosé, Cabernet und Syrah einer der Klassenbesten, einer Konkurrenz von über 300 Weingütern gegenüber. In Israel spricht man von einer Weinrevolution. Das ist erstaunlich, weil der durchschnittliche Weinkonsum der Israeli seit Jahren bei 5,5 Liter stagniert, während die Eidgenossen rund fünfmal mehr trinken. Gil Hovav (56), Buchautor und Fernsehmoderator, begründet: «Weingenuss ist keine sehr typisch jüdische Eigenschaft, obwohl auch Orthodoxe Wein trinken dürfen. Inzwischen produziert Israel tolle Weine, aber der Rebensaft ist noch immer für die Elite.»
Die besten Weingüter
Das Weinland Israel besteht grob gesagt aus folgenden Regionen: Galiläa inklusive Golanhöhen (1) im Norden, das Gebiet rund um den Berg Karmel im Hinterland von Haifa (2), dem Grossraum Jerusalem (3) und der Wüste Negev im Süden (4). Die besten Tropfen bringen die Weingüter Golan Heights Winery (1), Château Golan (1), Galil Mountain (1), Shvo (1), Carmel (2), Recanati (2), Domaine du Castel (3), Clos de Gat (3), Sea Horse (3), Tzora (3), Gush Etzion (3), Shiloh (3), Sphera (3) und Yatir (4) hervor.
Edmond de Rothschild als Pionier
Dabei hat der Weinbau im Gelobten Land eine lange Tradition: Die Kundschafter von Moses kamen mit Weintrauben aus Kanaan zurück. In der Neuzeit half Edmond de Rothschild, Sohn von James de Rothschild (er kaufte das weltbekannte Château Lafite im Bordeaux), 1882 bei der Gründung des Weinguts Carmel, das heute noch mit einer Jahresproduktion von gut 12 Millionen Flaschen Marktleader ist. Yiftach Peretz (44), Chef-Winzer, sagt: «Der Cabernet Sauvignon gehört zu den populärsten Traubensorten in ganz Israel. Aber wir arbeiten auch erfolgreich mit Carignan, der für eine schöne Frische und Säure sorgt.» Die Carmel Winery fokussierte auf Qualität und sei trotzdem stolz auf die Weine für den Massenmarkt. «Jeder sollte Wein zu einem zahlbaren Preis trinken können», erklärt Peretz. Tatsächlich ist es im Hochpreisland Israel möglich, im Supermarkt schöne Weine für unter 40 Schekel zu kaufen, also rund 10 Franken, etwa den Private Collection Chardonnay von Carmel oder den Mount Hermon Red der Golan Heights Winery.
Das Weingut Tzora, rund 30 Kilometer von Jerusalem entfernt, ging 1993 als erst viertes Boutique-Weingut Israels (aus einem Kibbuz) hervor und ist stolz darauf, mit Eran Pick den einzigen israelischen Winzer mit dem Titel eines Masters of Wine zu haben. Die Tzora-Weine Judean Hills, Misty Hills und Shoresh wurden vom renommierten US-amerikanischen Fachmagazin «Wine Spectator» alle mit 90 und mehr Punkten bewertet. Tzora kommt auf eine Jahresproduktion von gegen 100000 Flaschen. Pick sagt zur Weinrevolution: «Die Gastronomieszene entwickelt sich explosionsartig. Immer mehr Touristen kommen nur wegen dem Essen nach Tel Aviv. Und parallel dazu steigt auch das Bewusstsein für den Wein.»
Wie bei Tzora wachsen auch die Trauben des Weinguts Sea Horse in den judäischen Bergen auf gut 700 Meter über Meer. Die Geschichte des Winzers Ze’ev Dunia (63) ist so typisch für die Weinrevolution: Dunia absolvierte ein Filmstudium in den USA und drehte danach einen Dokumentarfilm über Weine. Er war so fasziniert von der Materie, dass er sich als freiwilliger Helfer beim Ernten meldete und zog im Jahr 2000 vor die Tore von Jerusalem. 2007 kam sein erster Jahrgang auf den Markt. Heute bringt es Sea Horse mit seinen von Châteauneuf-du-Pape inspirierten Weinen auf eine Jahresproduktion von 30000 Flaschen.
ASK THE LOCALS!
Avigail Shoshana (19) Kellnerin, Bet Shemesh
«Das Weingut Gusch Etzion, 20 Minuten südlich von Jerusalem gelegen, ist ein spezieller Ort für den Weinbau. Hier wird in der Weinproduktion viel Wert auf das Terroir gelegt. Es lohnt sich, die verschiedenen Weine im Besucherzentrum zu degustiere
Vom Hobby zum Spitzenwein
Das nah gelegene Weingut Domaine du Castel profitiert wie Sea Horse von idealen Böden aus rotem Lehm und Kalkstein und zwischen Oktober und April 600 Millimeter Regen. Eli Ben-Zaken, Gründer des noblen Weinguts, erinnert sich: «1988 haben wir als Hobby die ersten Reben gepflanzt, sieben Jahre später die ersten Flaschen gefüllt. Im Jahr 2000 produzierten wir 80000 Flaschen, heute sind es rund fünfmal mehr.» Die Cuvées Grand Vin Castel und Petit Castel gehören wie der lange lagerbare Chardonnay zu den besten Tropfen des Landes. Doch es ging nicht nur aufwärts: Als im September 2000 die zweite Intifada ausbrach, seien die Leute nicht mehr auswärts essen gegangen und hätten entsprechend weniger Wein konsumiert. Zumindest das mit dem Ausgang hat sich seither glücklicherweise gründlich geändert. Prost, le Chaim!